Wissenswertes

Chancen und Risiken der lenkenden Ausschlagung

Auch nach dem Tod des Erblassers können die Erben noch Einfluss auf die Erbfolge nehmen, z.B., indem einer oder mehrere […]

Auch nach dem Tod des Erblassers können die Erben noch Einfluss auf die Erbfolge nehmen, z.B., indem einer oder mehrere der Erben ihre Erbschaften ausschlagen. Der Wunsch nach einer solcher Gestaltung hat manchmal steuerliche Gründe, weil über die Ausschlagung die Größe der verbleibenden Erbteile beeinflusst werden kann. Man kann auch die Erbquoten ändern, indem man die testamentarische Erbfolge ausschlägt und die gesetzliche Erbfolge annimmt.

Eine solche Ausschlagung kann aber auch vorgenommen werden, damit der überlebende Ehe-gatte zumindest vorläufig den gesamten Nachlass erhält und sich nicht mit anderen Erben ab-stimmen muss. Ist dies gewünscht, können die Kinder das Erbe ausschlagen, so dass der überle-bende Elternteil Alleinerbe wird.

Eine solche Ausschlagung kann riskant sein, weil bei einer Ausschlagung aller Kinder auch Erben der 2. oder 3. Erbfolgeordnung gesetzliche Erben werden können (§§ 1925, 1931 BGB). Die Ausschlagung kann daher dazu führen, dass der gewünschte Effekt nicht eintritt und dass entfernte Verwandte Miterben werden, die man nicht begünstigen wollte und ggf. zuvor gar nicht kannte.

Früher konnte man eine solche lenkende Ausschlagung wegen Irrtums anfechten mit dem Ar-gument, dass das Ziel der Ausschlagung verfehlt wurde (z.B. den überlebenden Elternteil zum Alleinerben zu machen). Im Jahr 2023 hat der BGH entschieden, dass diese Überlegungen zu keiner Anfechtung berechtigen, weil der Ausschlagende nicht über seine Ausschlagungserklä-rung irrt, sondern darüber, wer als Folge dieser Ausschlagung Erbe wird. Dies sei ein unbeacht-licher Motivirrtum.

Aus dem gleichen Grund kann man die Ausschlagung nicht anfechten, wenn man sich nur über den Wert des Nachlasses irrt.

Dagegen hat das OLG Frankfurt statuiert, dass man die Ausschlagung anfechten kann, soweit man sich über die Eigenschaften des Nachlasses irrt, also über dessen Zusammensetzung. Auf diesem Weg kann ein Irrtum über den Wert ggf. vielleicht doch angefochten werden.

Erben sollten daher rechtlichen Rat einholen, bevor sie ihr Erbe ausschlagen, aber auch für die Frage, ob ihre Ausschlagung anfechtbar ist. Wie man an den beiden genannten Entscheidungen sieht, steckt der Teufel im Detail! Auch die Form und die Frist für die Ausschlagungserklärung müssen beachtet werden. Die sofortige Hinzuziehung eines im Erbrecht erfahrenen Anwalts ist daher sehr sinnvoll.

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